Im Zuge der Bloggerchallenge #bewusstimhierundjetzt hatte ich mir ausgerechnet Brot backen vorgenommen. Warum "ausgerechnet", könnt ihr hier nachlesen. Ich wollte zweierlei backen: etwas Süßes und etwas Herzhaftes, einen Hefezopf und ein Bauernbrot. Miri von leckerleckerliese empfahl mir zwei Rezepte. Ich war hochmotiviert. Allerdings auch etwas ausgebremst. Denn statt in den Weihnachtsferien ganz viel Zeit zu haben, waren wir mit Kinderzimmerrenovierung, Besuchen und Ausflügen ganz schön verplant. Der richtige Zeitpunkt für den Hefezopf kam, als die Kinder Basketballcamp hatten.
Meine Teenagertochter gab mir zu meinem Blog die Rückmeldung, er sei schon ganz gut, aber doch ziemlich "heile Welt, immer glückliche Familie und so." Ich will mich also bemühen, euch zu meinen Backexpe-rimenten die ganze unbeschönigte Wahrheit zu schreiben. ;-)
Der Hefezopf
Ich hatte mich akribisch vorbereitet. Das Tablet mit dem Rezept aus Miris Blog lag neben mir sowie alle Zutaten und Küchenutensilien. Es sollte richtig gut gelingen. Ich hielt mich genau an das Rezept und war das erste Mal beim Ansetzen des Vorteigs verunsichert. Waren das die Blasen, die er werfen sollte, oder nicht? Die lauwarme Milch war mir etwas zu heiß geraten. Ich hatte sie ab-kühlen lassen und in der Zwischenzeit effektiv Schritt 2 vorbereitet und mit dem Abspülen begonnen. Darüber war die Milch vielleicht doch schon zu kalt geworden. Sollte ich bereits an dieser Stelle scheitern? Der gesamte Teig musste dann in der Küchenmaschine oder von Hand fünf bis zehn Minuten geknetet werden. Das war schon ganz schön lang. Obwohl ich eigentlich von Hand kneten wollte, wählte ich die Küchenmaschine und bekam beim Einfüllen des Teigs meine Zweifel. Das war ganz schön viel Teig. Ich probierte es trotzdem. Dumm. Die Maschine war überfordert und begann seltsam zu riechen. Leicht hektisch holte ich den Teig in die Schüs-sel zurück. Überall klebte es. Als Nächstes probierte ich den Knethaken des Handrührgeräts. Die klebrige Masse überwucherte alles. Kennt ihr das Märchen mit dem Brei? Es wurde immer mehr. Ach ja, hatte ich schon geschrieben, dass in der Zwischenzeit mein Mann immer wieder reingekommen war, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei und was ich so mache? Ich wollte alleine sein, in Ruhe, konzentriert in meinem Projekt "Brot backen" aufgehen. Was jetzt aufging, war nur der Teig. Irgendwann war es dann doch ganz gut, dass ich Unterstützung in der Küche bekam. Mein Mann brachte mir Mehl (jeder erfahrene Brotbäcker schlägt wahr-scheinlich die Hände über dem Kopf zusammen, warum ich da nicht selbst draufgekommen bin) und übernahm den weiteren Abwasch. Jetzt bekam das Teigkneten plötzlich tatsächlich etwas Angenehmes. Es könnte vermutlich sogar meditativ sein, wenn man dabei alleine ist. Auf jeden Fall war es die haptische Erfahrung, die ich mir gewünscht hatte, die Ursprünglichkeit von Handarbeit, das Erleben mit allen Sinnen. Und die Hefezopf-Geschichte nahm sogar noch ein richtiges Happy-End. Der Zopf wurde so riesig, dass ich nicht dachte, wir könnten ihn zu viert aufessen. Aber er schmeckte einfach so hervorragend (vielen Dank, liebe Miri, für dieses wunderbare Rezept!), dass sogar meine äußerst kritischen Kinder und mein in dieser Hinsicht sehr fränkischer Mann ("Passt schon." ist das größte Lob eines Franken) sich zu Lobeshymnen hinreißen ließen. Den Hefezopf, der auch noch sehr schön aussah (richtig was für´s Auge und für Instagram), hatten wir in drei Tagen komplett verputzt.
Lernerfahrungen aus dem "Projekt Hefezopf"
--> Eine vorbereitete Umgebung ist für mich sehr wichtig
--> Am liebsten arbeite ich alleine. Hilfe annehmen im richtigen Moment ist aber auch wichtig und richtig.
--> Ich sollte einen Schritt nach dem anderen machen und nicht effektiv arbeiten (Schritt 2, abspülen ...). Ist bei "im Hier und Jetzt sein" ja eigentlich logisch, aber ich musste das trotzdem erst ausprobieren, ehe ich es begriffen habe.
--> Ein Rezept auf dem Tablet ist ungünstig. Nichts nervt mehr, als mit teigverklebten Fingern den gefühlt ständig verschwindenden Text wieder herholen zu
müssen.
--> Ich sollte meinen Augen trauen, wenn sie mir sagen, dass die Küchenmaschine überfordert ist und nicht erstmal ausprobieren.
--> Die Lösung gegen Teigkleben ist Mehl, Mehl, Mehl.
Das Bauernbrot
Der Teig für das Bauernbrot wird am Abend vorbereitet und am nächsten Morgen fertiggestellt und gebacken. Ich bin richtig froh, dass ich mich für zwei Brotrezepte entschieden habe, denn beim Bauernbrot habe ich es mir viel leichter gemacht, meine Lernerfahrungen vom Hefezopfbacken genutzt und die Herstellung genossen. Mit abgeschriebenen Rezept und Mehl in Griffweite wurde der Teig von mir handgeknetet. Meditativ war das nur ein paar Minuten. Dann kam meine noch hungrige Tochter in die Küche, um zu fragen, ob das Brot noch heute Abend fertig würde. Ich musste sie enttäuschen, konnte ihr jedoch ein übriges halbes Frühstücksbrötchen anbieten. Eine Minute später war das große, volle Nutellaglas auf dem Boden gelandet. Braune Masse mit ganz vielen Glassplittern. Beim Hefezopf hätte ich wahrscheinlich heulend die Küche verlassen. Ich bin tatsächlich ruhig geblieben, habe im Hier und Jetzt beschlossen, dass acht Minuten Teig kneten reichen müssten, auch wenn zehn Minuten im Rezept stehen, und habe die Nutella-Glas-Pampe mit Sophia beseitigt. (Was muss das Kind auch abends Nutella essen?) Heute morgen, Mann und Kinder aus dem Haus - ich habe noch frei - wurde das Bauernbrot fertig gestellt. Nochmal kneten, diesmal mit ganz viel Ruhe - und ausgerechnet jetzt hieß es "noch einmal KURZ durchkneten". Dann ruhen lassen und schließlich ab in den Ofen. Während ich diese Zeilen schreibe, duftet es bis ins Wohnzimmer nach frisch gebackenem Brot und ich freue mich riesig auf´s Probieren. Wenn die Kinder aus der Schule kommen, gibt es Bauernbrot. Ganz wie in den guten alten Zeiten. Jetzt kommt wohl doch die rosarote Sozialpädagogenbrille durch. ;-)
Nachtrag: Ich konnte es nicht lassen und habe das Brot schon mal probiert. Noch warm, mit Honig. Himmlisch!
Und noch etwas will ich euch nicht vorenthalten: Eine Freundin erzählte mir davon, dass ihre Mutter vor dem Anschneiden immer mit dem Finger Kreuze auf das Brot gezeichnet hat. Sie schrieb: "Vielleicht gefällt dir das als neue Tradition fürs erste selbst gebackene Brot." Ich finde das einen sehr schönen Brauch und habe ihn gerne übernommen.
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