Von Glauben und Annehmen
Daniel von Der Herr ist mein Hirte hat eine Blogparade zum Thema #stolperverse ins Leben gerufen. Es geht um Textstellen in der Bibel, über die wir immer wieder stolpern. Besondere Verse, die uns über längere Zeit begleiten, prägen und beeinflussen. Hebräer 11,1 ist ein solcher Text für mich. "Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht des, das man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht." Oder in moderner Übersetzung: "Der Glaube ist das Vertrauen darauf, dass das, was wir hoffen, sich erfüllen wird, und die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert."
Wo Licht ist, ist auch Schatten und wo Glaube ist, sind Zweifel. Das ist normal. Jeder Mensch, der sich als Christ bezeichnet, hat eine andere Art, damit umzugehen. Der Eine hält ganz stark fest an dem, was er gelernt hat. Es darf nicht sein, was nicht sein kann. Ein Anderer zieht vielleicht alles in Zweifel. Wer weiß schon wirklich, ob es Gott gibt. Und ein Dritter sucht sein Leben lang nach Antworten. Ich möchte keinen von ihnen verurteilen, denn ich befinde mich - je nach Lebensphase und Situation - selbst immer wieder in der einen oder anderen Rolle.
Es gibt Sätze, die unser Leben prägen. "Glaube heißt nicht wissen." ist einer, mit dem ich aufgewachsen bin. Er ist eigentlich als Entlastung gedacht. So wurde er mir zumindest vermittelt. Wenn mich jemand fragt, warum ich an Gott glaube, kann ich damit ausdrücken, dass es meine Entscheidung ist, ich aber keinen Anspruch darauf erhebe, dass es die richtige ist. Denn man kann es ja schließlich nicht wissen. Keiner von uns hat Jesus je live gesehen. So weit, so wahr. Ich habe tatsächlich keinen objektiven Beweis für meine Annahme.
Und genau dieses Wort hat mich an Ostersonntag getroffen und wie der Blitz bei mir eingeschlagen. Wir haben unsere Tochter über Ostern zu einem internationalen Basketballturnier nach Berlin begleitet. Im Vorfeld der Reise hatte ich mich nach einem Gottesdiensttipp für die Hauptstadt erkundigt. So kam es, dass mein Mann und ich Ostersonntag eine Celebration bei ICF Berlin miterlebten. Es war ein echtes Highlight: Location, Musik und Predigt. Doch das, was mich so tief berührte, war gar keine außergewöhnliche Message, sondern nur eine (vermutlich völlig unbewusst gewählte) Formulierung. Statt "Ich glaube, dass es Gott gibt." wurde gesagt "Ich nehme an, dass es Gott gibt". Nur eine synonyme Wortwahl, aber mir fiel es wie Schuppen von den Augen, dass es beim Glauben darum geht, dass ich etwas annehme. Für mich annehme, als meine Wahrheit annehme. Deswegen ist Gottes Existenz immer noch nicht nach objektiven Kriterien bewiesen. Aber ich nehme sie an. Das passt wunderbar zu Hebräer 11,1 - dem Vers, der mich beschäftigt, seit ich ihn zum ersten Mal bewusst gelesen habe. Annahme - Vertrauen, dass Hoffnung sich erfüllt. Annahme - Überzeugtsein, dass Unsichtbares (nicht Beweisbares) existiert.
Wenn man sich Ziele setzt, die man erreichen möchte, formuliert man sie immer positiv. Ein psychologischer Trick, auf den unser Gehirn tatsächlich reagiert. Man sagt: "Ich möchte zweimal die Woche joggen gehen." statt "Ich möchte nicht mehr faul auf dem Sofa abhängen."
Mir ist erst nach Ostern so richtig aufgefallen, dass "Glaube heißt nicht wissen." eine negativ formulierte Aussage ist. So wahr sie sein mag, sie zieht mich gerade in Zweifelssituationen eher runter, statt mich aufzubauen. Ich habe beschlossen, diesen Satz, der mich so lange begleitet hat, auszutauschen: "Ich nehme an, dass Gott existiert und mich auf allen Wegen begleitet."
Kommentar schreiben