Wir haben Herbstferien. Allgemeines Aufatmen und eine kleine Pause nach dem Schulstart im September. Die Mädchen haben den ersten Schwung an Exen und Schulaufgaben hinter sich gebracht und ich meine 10. Klasse kennengelernt. Ich finde diesen Neubeginn immer wieder spannend. Nach sieben Wochen Unterricht haben die Namen Gesichter bekommen, ist aus dem "Du" ein "Wir" geworden. Kurz vor den Ferien haben wir gemeinsam eine erlebnispädagogische Exkursion unternommen. Spiele und Sinneserfahrungen im Wald standen auf dem Programm und leider hatten wir nach Wochen voller Sonnenschein Wind- und Regenwetter. Getreu dem Motto "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung." hielten wir tapfer durch. Ich hoffe, ich bin die Einzige, die jetzt in den Ferien ihre Erkältung auskuriert.
Nach fast sommerlichen Wochen und dem herrlichen Farbenrausch der Natur kommen jetzt die dunklen Tage des Herbstes. Tagelang lässt sich keine Sonne blicken, Regen, Wind und Nebel erobern sich die Jahreszeit. Zu Recht, sie gehören dazu. Und irgendwie mag ich diesen Wetterumschwung auch. Gemütlichkeit und Ruhe ziehen in unserem Haus ein. Auf dem Frühstückstisch steht wieder eine Kerze und allabendlich zünden wir die Lichter vor dem Haus an, die Bewohner und Gäste mit ihrem warmen Schein schon vor der Tür willkommen heißen.
Für manche von uns ist es aber auch die Zeit der Melancholie und Sehnsucht nach Licht und Wärme. In meinem Freundeskreis stehe ich mit meiner Herbstliebe ziemlich allein da. Die meisten bevorzugen den strahlenden Sommer oder den Frühling, wo alles zu knospen und zu blühen beginnt. Ich kann es irgendwie nachvollziehen. Auch mich beschleicht manchmal eine gewisse Wehmut, wenn draußen der fünfte trübe Tag in Folge aufzieht, mein Hals kratzt und die Nase läuft. Wenn Kälte und Nässe an mir hochkriechen, sobald ich das Haus verlasse.
Die Stadt, in der ich arbeite, liegt wunderschön eingebettet in einer sanften, bewaldeten Hügellandschaft. Wenn ich morgens auf dem Weg zur Schule bin, befahre ich eine kleine Straße, rechts Wiese und Stadtsilhuette, links geht es einen Hügel hinauf. Hier, wo im Frühling Schafe weiden und im Sommer Mohn zwischen Getreidefeldern blüht, steht ein großes Herz, das im Herbst und Winter leuchtet. Warm strahlt sein Licht an Regen- und Schneetagen und es durchdringt sogar Nebel. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich das Herz leuchten sehe. Es leuchtet geradewegs in mein eigenes Herz hinein. Ich muss unweigerlich lächeln. Auch, wenn ich müde, erkältet oder abgekämpft bin, macht es das mit mir.
Wie wertvoll sind solche Augenblicke. Wir brauchen Licht und Wärme. Gerade, wenn es draußen kalt und dunkel ist, zünden wir Kerzen an, befeuern den Ofen, stehen um die Feuerschale, tragen Laternen durch die Nacht. Und wir können uns gegenseitig zum Licht werden. In dem Buch Leuchttage von Sophia Frey (unbezahlte Werbung) habe ich vor einiger Zeit die Idee der "Regentage-Box" gefunden. Man packt dabei alles, was sich für einen verregneten Tag brauchen lässt, in eine Box zum Verschenken. Ich habe einen Schuhkarton genommen, mit Tee, Pflegeschaumbad, Schokolade und ein paar anderen Kleinigkeiten befüllt, schön gestaltet (man kann kleine Schilder als Geschenkeanhänger bestempeln, z.B. "Licht", "Wärme", "Lächeln") und einer Freundin geschenkt, die gerade eine Aufmunterung brauchte.
Auch eine Postkarte kann zum Licht in der Dunkelheit werden oder ein Anruf, ein spontaner Spaziergang - warm eingepackt - durch das Mistwetter und danach ein gemeinsamer Tee zum Aufwärmen.
Es gibt wahnsinnig viele "Licht-Stellen" in der Bibel. Ich habe mir drei herausgesucht:
"Das Volk, das im Finstern saß, hat ein großes Licht gesehen." ((Mt. 4,16)
"Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt; wer mit nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Joh. 8,12)
"Mache dich auf und werde Licht! Denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir." (Jes. 60,1)
Ich mag das Bild vom Licht, das der Glaube in mein Leben bringt. Licht leuchtet mir auf meinem Weg, wärmt, deckt auf, entzündet ein Feuer, erhellt meinen Geist ("Da ist mir ein Licht aufgegangen.") und ist ein Auftrag. Denn wir sollen uns aufmachen und Licht werden.
Wenn der nächste trübe Herbsttag aufzieht und du dir am liebsten schon morgens die Decke wieder über den Kopf ziehen und weiterschlafen würdest, überleg´ doch mal, womit du Licht in dein Leben holen kannst, was dir gut tut. Und dann bring´ jemand Anderen zum Strahlen. Ich wünsche dir viele schöne Lichtmomente!
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Mutti (Dienstag, 30 Oktober 2018 17:48)
Liebe Nici,
mich hat dein Betrag "bezaubert", es ist so viel Wärme drin.
Die Stimmungen in den Bildern sagen schon so viel aus. Besonders die "Herz"-Bilder finde ich toll. Dem Menschen, der die Idee dazu hatte, müsste man eigentlich danken. Ob er weiß, wie vielen Menschen er mit dem Herz ein Licht ins eigene Herz zaubert?
Da ich ein Herbstkind bin, genieße ich den Herbst schon, er gehört einfach dazu. Jetzt kommt der bedächtigere, gemütliche Teil des Jahres. Dazu fällt mir wieder das Gedicht von Rilke ein, "Herbsttag". Du kennst es sicher:
"Herr: Es ist Zeit. der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren
und auf den Fluren lass die Winde los......
Ich wünsche dir einen wunderbaren Herbst
Liebe Grüße
Mutti