In Zeiten von Corona ist alles ein bisschen anders. Der Osterhase kommt in Gestalt eines freundlichen Postboten mit Migrationshintergrund, der mir mit weitest möglichst ausgestreckten Armen ein Päckchen in die Hand drückt, dann mit Händen und Füßen erklärt, dass ich auf diesem Päckchen unterschreiben soll - mit dem eigenen Stift - und er meine Unterschrift anschließend fotografiert. Drei süße Häschen aus dem Erzgebirge kommen zum Vorschein als ich auspacke. Von meinen Eltern, bei denen dieselben drei stehen. Verbindung schaffen. Das nächste Paket ist riesig. "Lebkuchen Schmidt" steht drauf. Ja, ist denn heut´ schon Weihnachten? Diesmal haben die Schwiegereltern uns bedacht und ich erfahre: In Zeiten, in denen Gin-Manufakturen Desinfektionsmittel herstellen, können Lebkuchenbäcker auch Ostereier. Lecker!
Was gibt es noch zu Schreiben über das Leben im Corona-Alltag? Sie sind langsam auserzählt, die Geschichten über Klopapiermangel, Homeschooling oder wie auch immer man das nennen soll (darüber wird in den sozialen Medien ja derzeit heiß diskutiert) und digitale Beschäftigungsangebote. Doch, ein bisschen eigenen Senf muss ich noch dazugeben. Bei all der neu erwachten Solidarität, die ich wirklich klasse finde, ärgere ich mich derzeit ein bisschen darüber, dass man sich im sozialen Netzwerk an Begrifflichkeiten aufhängt und dann teilweise wüst übereinander herzieht. Wer "Corona" und "Chance" in einem Satz nennt, muss sich warm anziehen. Dabei glaube ich ganz ehrlich nicht, dass irgendjemand die Absicht hatte, die Pandemie und ihre schrecklichen Folgen für Kranke, Sterbende, Obdachlose, depressive oder missbrauchte Menschen, die gerade zu Hause sitzen und sich ihrem Schicksal sicherlich mehr denn je ausgeliefert fühlen, schönzureden. Nein, es geht wirklich nicht darum, dass die Welt nur auf Corona gewartet hat, um in Bezug auf Umweltschutz und Zusammenhalt endlich vernünftig zu werden. Eher um Dankbarkeit im Sinne Bonhoeffers: "Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Faktum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet."
Und so sehe ich bewusst hin, mit Angst und Trauer im Herzen, wenn Bilder aus überfüllten Krankenhäusern in Italien oder Flüchtlingslager in Griechenland gezeigt werden. Ich bange, bete und hoffe, dass sich Deutschland und andere Länder endlich entschließen, mehr als fünfzig kranke Kinder aus den Lagern holen, um ihnen Hilfe, Hoffnung und Zukunft zu geben.
Ich sehe aber auch bewusst mit Dankbarkeit im Herzen auf Solidarität und Hilfsbereitschaft im Kleinen wie im Großen. Ich sehe unsere Umwelt aufatmen wie schon lange nicht mehr. Ich sehe Nachbarschaftshilfe, Cousinen-Telefonate und Großeltern-Päckchen. Der Spruch auf dem Letterboard im Wohnzimmer "This ist my happy place" ist ernst gemeint. Er steht da schon seit Längerem, vor Corona. Und nie war er passender als jetzt, um mich daran zu erinnern, dass ich dankbar sein kann. Dankbar für unser Zuhause, in dem wir uns wohlfühlen, Spieleabende machen, uns aber auch mal aus dem Weg gehen können. Rückzugs- und Gemeinschaftsorte, einen kleinen Garten haben. Wie wertvoll ist das in diesen Zeiten. Die große Terrasse im kleinen Garten wird gerade neu gepflastert. Eine Familienaktion. Wer hätte gedacht, dass es so viel Spaß machen kann, Platten zu säubern, Fugen auszukratzen, Kies zu waschen und neu zu verlegen? Naja, wie meinte Sophia gestern Abend so schön: Sie könne sich eine angenehmere Beschäftigung vorstellen, aber so übel sei es gar nicht. Wenn sie angenehmeren Beschäftigungen nachgeht, bäckt sie uns zum Beispiel Pancakes. Auch nicht schlecht.
Ostern entgegen ...
Es wird anders in diesem Jahr. Die Großeltern kommen nicht zu Besuch. Auch wir fahren nirgendwo hin. Der Gottesdienst wird gestreamt. Halt, nein, diesmal nicht. Wir haben eine weitere Familienaktion geplant. Ein besinnlicher Teil mit Abendmahl (zur Fußwaschung konnte ich Sophia nicht überreden 😉) und am Sonntag dann die Osterfreude. Wir werden im Dunkeln aufstehen und in die Natur gehen. Den Sonnenaufgang erleben, Kerzen anzünden und feiern, dass Jesus auferstanden ist. Das Licht der Welt. Wir werden viele Lieder singen, beten, Gedanken austauschen und dann lecker miteinander frühstücken. Wir vier. Gut, dass wir einander haben.
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