Ausgerechnet "Essen" ist mein Thema. Dieses kleine Wort, das es so in sich hat. Ein ganzes Buch könnte ich schreiben über Essenlust und Essensfrust, Disziplin und Maßlosigkeit, vermasselte Rezepte und undankbare Kinder ("Muss ich das essen?"). Und es wäre definitiv kein Ratgeber. Dieses Thema hat zwei Seiten: Essen tröstet, versteht, schenkt Geborgenheit, erinnert an längst vergessene Kindheitstage, schafft Romantik. Tagtäglich für Essen sorgen raubt Kraft (mir zumindest und ich glaube, ich bin damit nicht allein), braucht Kreativität und eine ganze Menge Frustrationstoleranz, wenn die jüngere Hälfte der Familie die Mahlzeit mit langen Gesichtern auf dem Teller hin- und herschiebt und dabei weder den Nährwert noch die Zubereitungszeit zu würdigen weiß. Ach ja, Essen ...
Trotzdem war ich zu meinem eigenen Erstaunen sofort mit an Bord, als in einem Kreis befreundeter Schreiberinnen der Gedanke reifte, eine Blogparade zum Thema "Familienmahlzeiten" zu starten. Eine kleine feine Reihe mit ehrlichen Einblicken in verschiedene Küchen und alltagstauglichen Rezepten. An unseren Tischen sitzen mal mehr, mal weniger Kinder in ganz unterschiedlichem Alter. Vom Feinschmecker bis zum Suppenkaspar. Allesesser sind, glaube ich, kaum vertreten.
Die ersten beiden Blogartikel wurden bereits veröffentlicht. Sie haben mich in vielfacher Hinsicht beruhigt und auch mein Rezeptrepertoire erweitert. Wenn ihr ´s noch nicht getan habt, guckt unbedingt mal bei Sandras verfressener Brut (ihre eigenen Worte, ich würde es nie wagen 😉) vorbei und bewundert mit mir Johannas wunderschönes Geschirr.
Jetzt bin also ich an der Reihe und starte gleich mal mit einem Blick auf unser Hochbeet. Diese Investition hat sich tatsächlich gelohnt und bereichert die Familienmahlzeiten, obwohl unsere Kinder wahrlich keine Gemüsefans sind. Wir suchen schon lange nach einem Begriff, ähnlich dem des Veganers, welcher Menschen beschreibt, die alles außer Obst und Gemüse essen. 😉 Ganz so dramatisch ist es nicht (mehr). In Sophias Baby-Fotoalbum gibt es ein Bild, das sie mit elf Monaten im Reisehochstuhl auf dem Campingplatz am Bodensee zeigt. Darauf verspeist sie genüsslich eine Nektarine. Es ist das letzte Bild dieser Art. Danach wurde es schwierig mit den Vitaminen und ihr, was uns als Eltern herausforderte. Man soll ja keinen Machtkampf aus den täglichen Mahlzeiten machen, andererseits aber für eine ausgewogene Ernährung der Sprösslinge sorgen. Leicht gesagt. To cut a long story short: Wir rangen und ringen um Kompromisse. Schon früh erklärte Lina, dass sie Salat (wenn überhaupt) nur "ohne Dreck" äße. Gemeint waren Dressing und Kräuter. Darin ist sie sich mit ihrer großen Schwester einig, also gibt´ s für die Mädels noch heute Salatblätter pur. Unsere sprachkreative Jüngste aß die Himbeerschnitte schließlich auch am liebsten "ohne Teppich" (Bisquitboden).
In der Kindergarten- und Grundschulzeit gab es Phasen, in denen Nudeln, Brot und Reis nur pur gegessen wurden. Der gut gemeinte Rat, Vitamine püriert in der Spagettisauce unterzujubeln, fiel damit schon mal weg. Man wächst mit Aufgaben und lernt aus Fehlern. Einer davon war, den Mädels Mitspracherecht im Sinne von "Möchtet ihr heute Abend Reis oder Nudeln zum Fleisch?" zu geben. Das mag sinnvoll sein, wenn die Kinderanzahl ungerade ist und die Mehrheit entscheidet, bei zwei Kindern kann das aber dumm enden. Monatelang entschied sich die eine für A und die andere für B. Unweigerlich war jedes Mal eine frustriert, bis ich nicht mehr fragte.
Um Vitamine in das große Kind zu bringen, stand eine Zeit lang jeden Morgen Orangensaft auf dem Frühstückstisch. Das ging. Bis der Kinderarzt eine Magenschleimhautentzündung diagnostizierte und den Saft vom "Speiseplan" strich. Immerhin redete er ihr so ins Gewissen, dass sie sich zu einer Probieraktion bereit erklärte, an deren Ende die Erkenntnis stand, dass Paprika essbar ist. Beim einen Kind nur rote, beim anderen orangene. Aber immerhin.
Wieder und wieder probierten wir, Obst oder Gemüse an die "Frau" zu bringen und immer wieder scheiterten wir. Dann gab es Momente wie diese: Eine Freundin und ihre Tochter kamen nach dem Kindergarten mit zu uns. Die Brotdose des Mädchens wurde auf den Tisch gestellt. Lina aß mit Begeisterung alle Wassermelonenstücke auf, die sich noch darin befanden und forderte mehr.
Ach ja, Essen ...
Inzwischen haben wir keine Kindergarten- und Grundschulkinder mehr, sondern Teenager. Die Sache mit der gesunden Ernährung läuft immer noch suboptimal, aber sie sind ohne größere Blessuren oder Mangelerscheinungen groß geworden. Sophia hat eine Vorliebe dafür entwickelt, Brot in allen Variationen zu backen und wir lieben es: Fladenbrot aus der Pfanne, Focaccia mit Kräutern aus dem Hochbeet, Bubblebrot (seht ihr auf dem Foto, gab es heute zum Abendessen). Besonders lecker schmeckt es mit gutem Olivenöl, Salz und Pfeffer. Das soll ja auch gesund sein. Wir investieren also in Öl. 😉
Seit ich mit in die Schulleitung eingestiegen bin, komme ich an etwa zwei Tagen in der Woche relativ spät nach Hause. In den letzten Monaten hat es sich etabliert, dass die Mädels an diesen Abenden das Kochen übernehmen. Ich sage euch, es ist herrlich, große Kinder zu haben. Und wenn mal gar nichts geht, wird einfach Pizza bestellt. Auch das ist in Ordnung (für die Mädels sogar sehr in Ordnung) und unwahrscheinlich entlastend. Wenn man dazu wahlweise rote und orangene Paprika schnippelt oder Salat ohne Dreck als Vorspeise serviert, sind sogar ein paar Vitamine mit von der Partie.
Ach ja, Essen ... das Thema kostet einen manchmal den letzten Elternnerv. Mit der absoluten Gewissheit, dass bei uns ins Sachen Ernährung nichts einfach und perfekt gelaufen ist, möchte ich dich dennoch beruhigen, wenn dein Kindergarten- oder Grundschulkind essenstechnisch den Aufstand probt und du überlegst, ob es Körperverletzung ist, wenn du dabei auch mal alle Fünfe gerade sein lässt. Dein Kind überlebt das! Mit etwas Glück beginnt es irgendwann sogar, sich für die Backerei und Kocherei zu interessieren. Und mit ganz viel Glück lädt es dich anschließend auch noch zum Essen ein.
So, zu guter Letzt möchte ich - wie versprochen - noch ein paar einfache Rezepte mit euch teilen, die uns alle vier glücklich und satt machen:
schnell & lecker:
Tortilla-Wraps kaufen, Gyros anbraten oder alternativ Schnitzelreste kleinschneiden, Kräuter und Salate aus dem Garten, Grillsaucen oder Pesto, geriebener Käse und was der Kühlschrank so an Resten hergibt --> alles auf den Tisch stellen und jeder füllt seinen Wrap selbst
Funktioniert auch sehr gut mit Chilli (bei uns heißt das gebratenes Hackfleisch, vermengt mit passierten Tomaten und Mais aus der Dose)
gesund & lecker (unglaublich, das gibt es auch):
Dinkel-(Zucchini-)Pfanne nach Veronika Pachala --> Für vier Portionen 250 g schnell kochenden Dinkel in 500 ml Wasser ca 20 Minuten kochen (bis kein Wasser mehr übrig ist). Mandelblättchen in einer beschichteten Pfanne anrösten und dann bei Seite stellen. Zucchini längs vierteln und in kleine Stücke schneiden. Olivenöl erhitzen, Knoblauchzehen (Menge nach persönlicher Vorliebe, wir mögen zwei) pressen und ins Öl geben, Zucchinistücke dazugeben und kurz mitgaren. Zehn klein geschnittene Datteln, 130 g Tomatenmark und 170 ml Wasser dazugeben und einmal aufkochen. Mit Oregano, Salz und Pfeffer würzen und fünf Minuten köcheln lassen, bis die Zucchinistücke bissfest gar sind. Den Dinkel unterrühren. Mit den gerösteten Mandelblättern bestreut servieren.
--> Für die Kinder lassen wir die Zucchini (leider) und Datteln weg. Ich fand die Vorstellung, Datteln dazuzugeben anfangs gewöhnungsbedürftig, aber es rundet das Gericht richtig ab und ist sooo lecker. Ohne Zucchini und Datteln hat der Dinkel etwas von dem leckeren Tomatenreis, den man aus griechischen Restaurants kennt. Dinkel statt Reis zu verwenden, war übrigens eine echte geschmackliche Offenbarung für mich und dabei so simpel.
wandelbar & lecker:
Kartoffelgratin nach Leckerleckerliese, deren gleichnamigen Foodblog ich euch sehr ans Herz lege. Als ich das Rezept ausprobierte, fehlten uns Gemüsebrühe und Parmesan, was ich kurzerhand mit Hühnerbrühe und geriebenem Emmentaler ersetzte. War überhaupt kein Problem. Herrlich, wenn Rezepte so unkompliziert wandelbar sind, dass man nicht nochmal zum Supermarkt aufbrechen muss, wenn Zutaten fehlen.
Und hier noch Brotrezepte à la Sophia:
Fladenbrot aus der Pfanne
Für sechs Fladenbrote 450 g Weizenmehl, 1/2 TL Salz, 1 Päckchen Backpulver, 3 EL Olivenöl und 250 g Wasser vermengen und mit jeweils 1 TL Olivenöl pro Fladenbrot in der Pfanne backen.
Selbstgebackenes Knoblauchbrot --> Wobei Sophia immer frische Hefe verwendet
Wenn ihr nach weiteren Inspirationen sucht, nächste Woche gibt es Kücheneinblicke bei Eveline und dann geht's bei Martha weiter.
Kommentar schreiben
Mutti (Mittwoch, 10 Juni 2020 15:42)
Mein Versuch, deinem Vater Couscous schmackhaft zu machen (war echt lecker, mit viel Gemüse) scheiterte. Er aß, hatte aber diesen Blick....- musst du nicht wieder kochen.
In den Mädels steckt wohl viel Erbmasse von dieser Seite drin.