Ein seltsamer virus wirft alle pläne über den haufen
Linas Konfirmation - 26. April 2020 - das war der Plan. Wie drei Jahre zuvor schon bei Sophia sammelten wir seit Jahresbeginn Ideen für die Einladungskarten, bastelten, schrieben und freuten uns auf den April. Dann kam alles anders. Ein seltsamer Virus breitete sich aus. Zunächst weit weg in Asien. Wir verfolgten es mäßig interessiert in den Nachrichten. Dann plötzlich auch bei uns. Der Konfirmanden-Vorstellungsgottesdienst konnte gerade noch stattfinden. Bereits hier war nur jeder zweite Platz besetzt und wir trugen Masken. Hygienemaßnahmen. Langsam dämmerte uns, dass etwas Größeres im Gange war. Schließlich schlossen Kitas und Schulen und die Konfirmation wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Notwendig natürlich, aber bitter. Am Tag der geplanten Feier gab es einen Videogruß unseres Pfarrers im Online-Gottesdienst. Wir befanden uns alle im Ausnahmezustand. Wie im Science Fiction. Am Schlimmsten war die Ungewissheit: Wie geht es weiter? Was bedeutet der Lockdown für uns, unsere Gesellschaft, Bildung, Arbeitsplätze? Wann und wie werden Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten, Beerdigungen in den nächsten Wochen und Monaten stattfinden? Niemand hatte eine Antwort. Eltern nicht, Lehrer nicht und Pfarrer auch nicht.
die aussichten werden besser
Irgendwann dann ein vorsichtig optimistisches Aufatmen. Bis zum Schuljahresende wird in halben Klassen und online unterrichtet. Gottesdienst finden zunächst ebenfalls noch online, später mit begrenzten Plätzen auch wieder in den Kirchen statt. Das neue Schuljahr soll mit erhöhten Hygienemaßnahmen, aber regulär starten. Sommerurlaube können stattfinden, sind aber mit nervösen Bangen verbunden. Die Angst vor einem erneuten Lockdown steckt uns allen in den Knochen, aber langsam kehrt so etwas wie ein Stück Normalität zurück. Es gibt einen Nachholtermin für die Konfirmation. Noch wird überlegt und diskutiert, wie sich die Hygieneregeln am besten mit der Anzahl der Konfirmanden und ihrer Gäste vereinbaren lassen. Ein vorsichtiger Plan wird gefasst. Bei schönem Wetter soll der Gottesdienst im Freien stattfinden. Mit Mindestabstand zwischen den verschiedenen Haushalten und Ausweichplätzen im Gemeindehaus. Schlechtes Wetter bedeutet eine Trennung der Konfirmanden und zwei Indoor-Gottesdienste. Wir beginnen, unsere Gäste zu informieren. Das Wetter wird kurzfristig über die Ort und Uhrzeit entscheiden. Nach dem Sommerurlaub fragen wir im Gasthof nach. Der Termin ist frei. Wir können also auch hier grünes Licht geben. Die letzten Zoom-Meetings der Konfis mit ihrem Pfarrer finden statt und endlich auch wieder ein "echtes" Treffen, von Angesicht zu Angesicht. Erst zögerlich, dann immer hoffnungsvoller fangen wir an, uns wieder auf Linas großes Fest zu freuen.
Oh happy day ...
Der 13. September rückt näher. Die Wetteraussichten sind prächtig. Am Vorabend begehen wir in der sanften Abendsonne den Beichtgottesdienst im Freien. Es wird tatsächlich einen Gottesdienst für alle Konfirmandinnen und Konfirmanden geben. Keine Trennung, denn der Sommer ist noch einmal in vollen Zügen zurückgekommen und schenkt uns am nächsten Tag fast zu heiße Temperaturen. Wir brutzeln in der Sonne und sind doch alle überglücklich. Der Anblick meiner wunderschönen, beinahe erwachsenen Tochter und all dieser tollen, hübschen Jungen und Mädchen (darf man sie noch so nennen?) rührt mein Mutterherz. Die Predigt spricht Kopf und Seele an. Eine wunderbare Band umrahmt den Gottesdienst musikalisch und auch die Technik klappt im Freien. Die Konfis haben eine klasse Liedauswahl getroffen und meine über achzigjährige Oma sagt meinen Eltern, wie modern, wie anders, wie gelungen sie diesen Gottesdienst empfindet. Zeitgemäße englische Liedtexte, E-Gitarren- und Schlagzeugsound treffen also nicht nur unseren Geschmack. Ich bin so dankbar, dass wir hier alle miteinander feiern dürfen. Tatsächlich habe ich das Gefühl, die besonderen Umstände lassen uns diesen Tag noch intensiver genießen und würdigen.
Im historischen Gasthaus - wir lieben die Atmosphäre dieses Ortes - stoßen wir mit einem Sektempfang auf Lina an und lassen es uns anschließend schmecken. Lina strahlt. Sie wirkt entspannt und glücklich. Wir Eltern empfinden das so und viele Gäste bestätigen es später. Auch die Fortsetzung der Feier in unserem Garten ist von Leichtigkeit und Freude geprägt. Ich kann mich nur wiederholen: Niemand hat diese Umstände gewollt, aber sie haben mich den Tag intensiver und dankbarer genießen lassen. Was für eine Gnade, dass wir ihn feiern durften. Mit Familie, Freunden und Sonnenschein. Das passt so gut zu unserer Lina, die lachen kann wie keine Andere. Die sich in ihren Gegenüber einfühlt, ihn ermutigt und stärkt und deren Fröhlichkeit ansteckend ist. "Ich habe eben eine kleine Sonne in mir", sagt sie dazu immer. Und diese Sonne hat uns allen am Sonntag Wärme und Licht geschenkt.
und jetzt ein paar einblicke
"Lass dich durch nichts erschrecken und verliere nie den Mut; denn ich, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst." (Josua 1,9)
Linas Konfirmationsspruch, für den sie sich gemeinsam mit ihrer Patin schon vor der Verschiebung der Feier entschieden hat. Ich finde, er passt ganz wunderbar.
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Dorothee Rexer (Mittwoch, 16 September 2020 12:16)
Hallo liebe Nici,
vielen Dank, dass ich durch deinen Blog Einblick bekam in Lina's Konfirmation und euer schönes Familienfest. So ein Fest in so einer Zeit hat nachhaltige Auswirkungen. Hammer, dass deine Oma dabei sein konnte. Freue mich aufrichtig für euch und Lina mit. Seid behütet und herzliche Grüße
Dorothee
Rosi (Freitag, 18 September 2020 05:15)
Guten Morgen liebe Nici mit Familie,
wie bewundernswert ist deine Schilderung des weiten steinigen Weges Linas Konfirmation.So freuen wir uns, dass es so etwas Besonderes geworden ist. Auf diesem Weg nochmals unsere herzlichsten Glück-und Segenswünsche für eure Lina.
Ich denke da immer an meine und den Söhnen zurück, was für geistige Unfreiheit man bewältigte.Da bin ich so dankbar, darum gekämpft zu haben.
Ein segensreiche glückliche und gesunde Zeit für Zeit für Lina und euch .
Herzlichst Rosi
Pfarrer Thomas Hofmann (Donnerstag, 24 September 2020 08:48)
Liebe Nici,
ja es war ein Geschenk Gottes, dass dieses verrückte Jahr noch mit so einem schönen Konfirmationstag gekrönt wurde. Mir waren alle Konfis so wichtig, auch dass sie einen freien, eigenen Zugang zum lebendigen Glauben finden, dass ich mich am meisten mitfreute, dass auch Ihr es schön empfandet.
Dir, Euch, vor allem Lina von Herzen viel "Sonne" Jesu weiterhin,
Euer Thomas