"Schaff dir eine Insel im Haus, wo du Advent zelebrieren kannst", war der Rat einer Instagram-Followerin nach meinem Bericht über diese spezielle Vorweihnachtszeit, in der es keinen Nürnberger Christkindlesmarkt gibt und durch die Renovierungsarbeiten im Wohnzimmer nicht mal so recht Weihnachtsstimmung in unsere Zuhause einziehen mag.
Ich fühle mich derzeit manchmal wirklich reif für die Insel. Diese Woche hatte ich Premiere: 12 Stunden in der Schule, ohne eine nennenswerte Pause. Der Distanzunterricht für die 10. Klassen war angekündigt, unklar noch, was mit den 11. - den Abschlussklassen - passieren würde. Am frühen Nachmittag kam die Nachricht: Wir gehen alle in den Distanzunterricht. Schüler, Lehrer, Eltern mussten informiert werden. Gespräche mit den Kollegen und der Geschäftsführung, letzte Formulare mit Einwilligungserklärungen für Videounterricht herausgeben, Stundenpläne fürs Homeschooling organisieren, Telefonate mit Praxisanleitern ... . Halb acht beschloss ich, nach Hause zu fahren und freute mich riesig, dass die Pizza noch warm war. Herrlich, so eine Familie!
Es geht rund in unserem Leben. Der übliche Weihnachtsstress fällt dieses Jahr aus (Stichwort Weihnachtsfeiern). Dafür gibt es anderen. Und der wiegt irgendwie schwerer. Jetzt sind wir also zu dritt zu Hause. Lina im regulären Distanzunterricht, Sophia in Quarantäne, ich bereite meinen Unterricht am PC vor und pendle ab und zu in die Schule, um nach dem Rechten zu sehen. In Thilos Firma hält man nicht viel von Home Office.
Mit der Weihnachtsstimmung hinke ich irgendwie immer noch hinterher. Die Nussknacker lagern alle noch im Keller. Das Weihnachtsoratorium schweigt.
Und dennoch ist da dieses kleine Wörtchen, das mir wieder und wieder in den Sinn kommt: Adventsinseln. "Schaff dir eine Insel, wo du Advent zelebrieren kannst."
Seitdem begegnen sie mir immer wieder. Mal mache ich mich bewusst auf die Suche nach ihnen, dann tauchen sie plötzlich an unerwarteter Stelle auf. Kleine Adventsinseln im Alltag. Ob zu Hause oder anderswo.
- bunte, beleuchtete Kirchenfenster
- die Adventskalenderhäuschen auf dem Fensterbrett in der Küche
- der Lichterbaum im Wohnzimmerfenster, umrahmt von frisch gestrichenen Wänden und neuen Vorhängen (rings umher stapeln sich Werkzeug und Farbeimer)
- Schneeflocken im Gesicht
- Himmelsleuchten auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit
- und abends der Sonnenuntergang vor meinem Bürofenster
- ein Wichtelpäckchen mit lauter liebevoll selbstgemachten und ausgesuchten Überraschungen,
- darunter ein Buch (Anselm Grün: "Einfach leben - Der Adventsbegleiter"), in dem ich jeden Tag ein kleines Stückchen lese und von dem ich mich immer wieder persönlich angesprochen fühle
- die Geburtstagsfeier unserer Nichte/Cousine/Patentochter, coronakonform mit zwei Haushalten und wenigen Personen, aber trotzdem schön, einen Teil der Familie mal wiederzusehen
- die Fortschritte im Wohnzimmer (wir sind verliebt in die Mosaik-Fliesen und drei von vier Wänden sind fertig)
- Weihnachtslieder und -stimmung beim Praxisbesuch in der Kinderkrippe - so schön, die Vorfreude in Kindergesichtern
Es gibt sie, die Adventsinseln, wenn ich nur gut genug hinsehe. Halte doch mal die Augen und Ohren offen, vielleicht findest du sie auch.
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Tamuna (Freitag, 11 Dezember 2020 13:46)
So ein schöner Text. Ich finde die Idee auch wundervoll