Ist das lange her. Anfang Oktober habe ich das letzte Mal gebloggt. Inzwischen ist so viel passiert. Oder eigentlich ist gar nicht viel passiert, denn ich habe die meiste Zeit mit Nichtstun im Bett verbracht. Aber von Anfang an ...
So schön war der Himmel auf meinem Weg in die Schule drei Wochen vor den Herbstferien. Ich hielt schnell an, um ein Foto zu machen, nichts ahnend, dass ich mich kurze Zeit später schon wieder auf dem Rückweg befinden würde. Ein bisschen erkältet fühlte ich mich, etwas schlapp, aber nichts Dramatisches. Jedenfalls ahnte ich nichts Böses, als ich vorsichtshalber gemeinsam mit den nicht geimpften Schülern einen Schnelltest durchführte. Dass zwei Striche auf dem Streifen auftauchten, hielt ich zunächst für einen Fehler. Ich war ja vollständig geimpft und hatte mich deswegen schon seit Längerem nicht mehr getestet. Also wiederholte ich das Procedere und staunte nicht schlecht. Das war eindeutig.
Was für eine seltsame Situation, auch für meine Schüler, die alles hautnah (nein, natürlich mit Mindestabstand) miterlebten. Ich instruierte sie noch kurz, was jetzt zu tun sei, gab dann meiner Chefin Bescheid und rief vom Auto aus beim Hausarzt an, dass ich jetzt für einen PCR-Test vorbeikäme. Es war irgendwie alles ganz unwirklich. Beim Hausarzt sagte man mir, dass sich Erkrankungen trotz Impfung gerade häuften. Google verriet mir später den Fachbegriff dafür: Impfdurchbruch.
Jetzt kam die ganze Maschinerie in Gang. Ich telefonierte in schönster Regelmäßigkeit mit den Gesundheitsämtern des Schul- und meines Heimatlandkreises, gab Auskunft über meine Kontakte, Symptome (die bis dahin noch nicht besonders ausgeprägt waren), mein Mann verschickte die Impfzertifikate der ganzen Familie ... . Es war ganz eigenartig. Ich hatte den Eindruck, als die Erkenntnis, dass ich nun tatsächlich an Corona erkrankt war, so richtig in meinem Gehirn ankam, setzten auch die Symptome ein. Plötzlich fühlte ich mich zu schlapp zum Lesen, hustete, schlief immer wieder ein, wurde warm und fror dabei. Ich war nun tatsächlich froh über die angeordneten zwei Wochen Quarantäne, weil ich so gar nicht in die Versuchung kam, früher wieder zu arbeiten (ich habe immer ein schlechtes Gewissen gegenüber den Kollegen, die mich vertreten müssen und gehe deswegen normalerweise eher zu früh als zu spät wieder hin). Als die beiden Wochen rum waren, sah ich plötzlich auf einem Auge schlechter, es war knallrot und drückte. Nachdem ich vor vielen Jahren über zwei Dioptrien bei einer Augeninfektion verloren habe, bin ich hier extrem vorsichtig. Und leider zudem ohne meine Kontaktlinsen nur ein halber Mensch. Ich bewundere alle Brillenträger, die ohne Gleichgewichtsprobleme Treppen hinuntergehen und die es schaffen, mit Brille und Maske etwas zu sehen. Meine Brille beschlägt derart schnell und stark, dass es sehtechnisch eigentlich egal ist, ob ich sie trage oder nicht. Also führte mich der erste Gang nach der Quarantäne direkt zum Augenarzt, wo ich das erste Mal erlebte, wie es ist, sich wie eine Aussätzige zu fühlen. Eine der (eigentlich wirklich netten) Arzthelferinnen bekam es nach der Information, dass ich bis vor zwei Tagen mit Corona in Quarantäne war, derart mit der Angst zu tun, dass ich trotz leerem Wartezimmer im zugigen Treppenhaus warten musste. Mit Augensalbe und Krankschreibung ausgestattet kam ich wieder nach Hause. Ich glaube, so lange war ich noch nie krankgeschrieben. Und im Nachhinein muss ich sagen: Gott sei Dank. Denn mein Körper hat diese Zeit gebraucht.
Inzwischen sind vier Wochen vergangen. Wir hatten - wieder "Gott sei Dank!" - letzte Woche Herbstferien. Morgen früh fahre ich zum ersten Mal seit langer Zeit in die Schule und hoffe, dass es das tatsächlich war. Dass ich (inzwischen auch wieder mit Kontaktlinsen gesegnet) wirklich wieder richtig fit und belastbar bin und das stemme, was jetzt - mit steigenden Inzidenzen - wieder auf die Schulen zukommt.
Was ich aus der ganzen Sache mitgenommen habe und euch allen wirklich dringend ans Herz legen möchte: Fühlt euch nicht zu sicher mit der Impfung und testet euch lieber einmal zu viel als zu wenig. Versteht mich nicht falsch: Ich bin froh, dass ich zum Zeitpunkt der Erkrankung geimpft war. Vielleicht bin ich deswegen tatsächlich nicht stärker erkrankt und/oder war weniger ansteckend (Häusliche Isolation ist etwas Komisches. Aber wir haben es tatsächlich geschafft, dass sich hier niemand angesteckt hat.)
Auch, wenn es immer hieß, die Impfung schütze nicht zwingend vor Ansteckung, sondern vor allem vor schweren Verläufen, habe ich mich sehr, sehr sicher gefühlt. Und ich habe momentan das Gefühl, das geht den meisten so. Die Inzidenzen schießen wieder in die Höhe und überall wird gelockert. Ich freue mich ja selbst so sehr darauf, dass endlich wieder Weihnachtsmärkte stattfinden sollen. Und ich weiß nach wie vor nicht, wie wir am besten mit der Situation umgehen. Aber ich habe mich wirklich krank gefühlt und ich bin mir nicht sicher, wie gut alte oder vorerkrankte Menschen so eine Infektion wegstecken.
Impfgegner können aus den gar nicht so seltenen Impfdurchbrüchen und den auffällig einseitigen Berichterstattungen in den Medien ("Es ist eine vierte Welle der Ungeimpften") Argumente gegen die Impfung ableiten. Impfbefürworter (zu denen ich mich nach wie vor zähle) liegen ebenfalls richtig, wenn sie argumentieren, dass ich keinen schweren Verlauf hatte und wir eine Überfüllung der Intensivstationen verhindern müssen.
Ich wünschte, wir würden aufhören, uns gegenseitig niederzumachen und unsere Energie darauf verwenden, achtsam miteinander umzugehen. Dazu gehört der Schutz alter Menschen vor einer Infektion ebenso wie der Schutz unserer Jugendlichen, bei denen es während der Lockdown-Zeiten zu einem enormen Anstieg an teils schwerwiegenden psychischen Erkrankungen kam, die bis heute andauern.
Ich habe keine Blankolösung für diese Probleme, aber einen ganz banalen Rat, der uns vielleicht wenigstens einen kleinen Schritt weiterbringt: Deckt euch mit inzwischen echt kostengünstig erhältlichen Selbsttests ein und macht ab und zu mal einen. Auch und gerade, wenn ihr geimpft seid.
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Heike Bergner (Sonntag, 07 November 2021 17:50)
Schön das es Dir wieder gut geht �
Claudia (Dienstag, 09 November 2021 11:26)
Danke für diesen ausgewogenen Beitrag, und viel Kraft für die kommende Zeit!
Viele Grüße aus der Ecke Regensburg, Claudia