Ich habe trotz der Ankündigung, dass ich mich hier rar machen würde, ein echt schlechtes Gewissen. Seit Mitte Juni nichts mehr geschrieben … Mensch! Dafür entschädige ich dich jetzt hoffentlich mit einer Rundreise durch eines der faszinierendsten Länder der Erde: ISLAND
Auf geht’s!
Wie fasst man knapp drei Wochen Island zusammen?
• Traumhafte Wasserfälle – jeder auf seine Art besonders, auch die, die nicht in Reiseführern stehen
• Endlose Lavafelder - schwarz, von grünem Moos überzogen
• Vulkansee im Sonnenschein – türkis oder doch eher smaragdgrün?
• Jule Vernes „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ auf endlosen Autofahrten zwischen Wasserfällen, Lavafeldern und Vulkanseen (s.o.) gehört und gefühlt
• Minutenlanges Anstarren eines eher nichtssagenden abgesperrten Feldes und dann – plötzlich, wie aus dem Nichts – schießt der Geysir hervor und die Handykameras geraten hektisch in Aktion
• Meer und noch mehr MEER – Steinstrand, Sandstrand, schwarz, weiß, rot, an einem der Strände lagen sogar riesige Diamanten herum, die sich bei näherer Betrachtung als Eis aus dem benachbarten
Gletschersee entpuppten (auch bekannt als Diamond Beach)
• Surreal, unwirklich, faszinierende Eisberge in ebendieser Gletscherlagune Jökulsárlón. Hier kalbt eine
Gletscherzunge des Vatnajökull in einen See, der mit dem Meer verbunden ist (Jawoll, ein Gletscher "kalbt“, wieder was gelernt ;-) Bunte Eisberge schwimmen durch das türkisblaue Wasser und
dazwischen sieht man immer wieder Seerobben ihre Bahnen ziehen. Faszinierend, hatte ich das schon gesagt?
• Sonnenschein ohne Hitze, orkanartige Böen (hier Wind genannt), Regen und ganz viele REGENBOGEN
• Die Silfra-Spalte im Þingvellir-Nationalpark – ein Ort, an dem die eurasische und die nordamerikanische Platte nur einen Spalt auseinanderliegen. Hier wurde auch im Jahr 930 n.Chr. Islands
demokratisches Parlament gegründet, eines der weltweit ersten.
• Ein heißes Bad wahlweise im Hotpot des Ferienhauses oder im traumhaft schönen, wenn auch völlig überteuerten milchig-blauen Wasser des Abkühlsees eines Geothermiekraftwerks, besser bekannt als die legendäre „Blaue Lagune“
• Island-Pferde – Ich habe noch nie so schöne, vielfarbige, elegante Tiere auf vier Beinen gesehen
• Schafe – auch diese bunt, weniger elegant, aber entzückend
• Wale – imposant und schön, deren Eintauchen vom Guide des Whalewatching-Kutters ungefähr zwanzig Mal mit „Amazing! Beautiful dive!“ kommentiert wurde (wobei sie Recht hatte)
• Kompletter Verbrauch meiner mobilen Daten (habe ich bis Dato noch nie geschafft) – das mit den Insta-Reels habe ich wohl noch nicht wo wirklich drauf
• Kirchenvielfalt – von bunten, kleinen Holzkirchen über stilvoll moderne Architektur bis hin zur berühmten Reykjaviker Hallgrimskirkja – eigenwillig, fast schon steril schlicht und gerade darin
irgendwie beeindruckend
• Game of Thrones-Drehorte – eigentlich kann man hier ja überall Drachen fliegen sehen – allen voran Kirkjufellsfoss
• Blau-gelbe, bizarre Mondlandschaften, in denen es blubbert und sprudelt, herrliche Fotomotive, aber der Gestank nach faulen Eiern lässt einen dann doch eher früher als später die Flucht
ergreifen
• Hochlandstraßen – wobei wir uns für die harmlose F35 entschieden, weil mich Angsthäsin wegen des Regens am Tag unserer Hochlandüberquerung leichte Panik beim Gedanken an die steigenden
Wasserpegel und Strömungen in den zu überquerenden Furten ergriff. Thilo wollte eigentlich die F26 fahren, hatte dann aber auch seinen Spaß beim mittigen Durchqueren größerer mit Wasser gefüllter
Schlaglöcher (bei uns würde man kleiner See dazu sagen) mit dem gemieteten Land Cruiser.
• Reykjavík – bunt, eine gelungene Mischung aus Alt und Neu, ein
bisschen schräg, nicht im klassischen Sinne schön, aber ziemlich liebenswert
• Akureyri – mit 20.000 Einwohnern kleiner als unsere heimatliche Kleinstadt, aber hier die Zweitgrößte des Landes – mit schneebedeckten Gipfeln im Rücken und Ausblick auf das tiefblaue Meer, bunten Häusern im Stadtzentrum und einem ganz besonderen Charme. Wo sonst geht einem beim Anblick einer roten Ampel im wahrsten Sinne des Wortes das Herz auf?
Wie fasst man knapp drei Wochen Island zusammen? Ich fürchte, ich kann es nur ansatzweise mit einer Aufzählung unser wichtigsten Stationen. Oder ich versuche es mal ganz anders:
• Wir haben vielleicht zum letzten Mal Urlaub in der klassischen Familienkonstellation Mutter-Vater-zwei Kinder gemacht. Mit 19 und 16 Jahren ist es nicht mehr selbstverständlich, mit Mama
und Papa zu verreisen. Wir haben es in vollen Zügen genossen.
• Diese Reise haben wir Corona zu „verdanken“. Vor zwei Jahren wollten wir eigentlich nach Wales und das Zwischenziel London stand auf der Wunschliste der Kinder. Die Pandemie machte uns einen
Strich durch die Rechnung. Auch wenn wir stattdessen eine Woche ins schöne Prag fuhren, überlegten wir damals, Geld zur Seite zu legen und eine größere Flugreise zu unternehmen (die erste für uns
als Familie). Die Abstimmung ergab Island als Reiseziel. Auch im folgenden Sommer war uns das mit den Einreisebedingungen und Corona zu riskant, aber 2022 hat es endlich geklappt. Nach
Sophias Abitur und bevor sie für ihr Studium „in die Welt hinaus“ zieht.
• „Wie anders wohl alles wäre, wenn wir eine Hängematte zwischen zwei Termine spannen könnten. Und dann schickte Gott seinen Wind und sein Wehen und wir schaukelten unsere Sorgen darin einfach
eine Weile fort.“ Von diesen starken Worte der wunderbaren Hanna Buiting unter der Überschrift „Auftanken“ hatte ich mir vor einigen Monaten einen Screenshot gemacht, weil es ganz tief in mir
etwas zum Klingen brachte. Nachdem sich die 12-Stunden-Tage an der Schule häuften und auch die erste Ferienwoche keine wirkliche Ausnahme machte, war ich irgendwann einfach nur noch erleichtert,
dass wir ausgerechnet in diesem Jahr endlich unseren Urlaubstraum von Island wahrmachen würden. Was für eine grandiose Hängematte zwischen meinen Posten als stellvertretende Schulleitung und der
Übernahme der Schulleitung. Die Ruhe vor dem Sturm. Obgleich ich mich zugegebenermaßen bei allem Respekt auch auf diesen Sturm freue. Eine der großen Herausforderungen wird es sein, die richtige
Balance zwischen Arbeit und Pause/Feierabend zu finden. Seit ich mich nach längerem Zögern für die Schulleitung entschieden hatte, gab es kaum mehr gedankliches Abschalten für mich. Aber Island
und seine überwältigende Einzigartigkeit haben geschafft, was ich bisher vergeblich versucht hatte: Ich bin im Erholungsmodus angekommen und schöpfe Kraft für das, was kommt.
Zu guter Letzt empfinde ich die Zeit in Island als runden Abschluss meines letzten Buchprojektes. Ende September erscheint „Im Einklang mit dem Jahreskreis – Ein ganzheitlicher Begleiter – Rituale, Feste und kreative Ideen in Verbundenheit mit der Natur“, ein Herzensbuch, das ich gemeinsam mit Anne-Maria Apelt geschrieben habe. In Island ist mir die Macht und die Schönheit der Natur überwältigend nah gekommen. Im jüngsten Land der Erde ist die Schöpfung immer noch sehr spürbar am Entstehen. Beeindruckende Naturphänomene machen den Glauben an Übersinnliches nachvollziehbar. In diesem Land werden Straßen mit Rücksicht auf Elfen gebaut, gleichzeitig gehören 80 % der Bevölkerung der evangelisch-lutherischen Kirche an. Nüchterner Protestantismus und Naturglaube scheinen nicht im Widerspruch zu stehen und genau das fasziniert mich. Wie anders ist das in Deutschland, wo man entweder der Kirche und damit zunehmend einer Minderheit angehört, oder sich in der Natur verwurzelt fühlt und Stärke für das eigene Leben aus ihr zieht. Ich wünsche mir sehr, dass sich beides verbinden und miteinander versöhnen lässt. Auf dem Vulkankrater in Island, aber auch im Wald, der nur ein paar Schritte von unserem Zuhause entfernt liegt, spüre ich die Kraft der grünen Spiritualität. „Im Einklang mit dem Jahreskreis“ ist eine Schatzkiste, die dazu einlädt, in die Natur zu gehen und sie in jeder Woche des Jahres mit allen Sinnen wahrzunehmen, zu staunen, zu ernten und kreativ zu werden und in all dem Gottes Schöpferkraft auf die Spur zu kommen. Demnächst verlose ich ein paar Exemplare. :-)
Während ich diesen Blogpost schreibe, ist unser vorletzter Urlaubstag in Island angebrochen. Wir haben uns für heute nichts vorgenommen. Thilo angelt, die Mädels lesen. Ich werde jetzt gleich nochmal meine Turnschuhe schnüren (der Fuß ist kaum mehr geschwollen, juhu!) und ein bisschen durch die Gegend um unser Ferienhäuschen stapfen. Ich nehme an schönen Eindrücken mit, was geht und freue mich dann langsam wieder auf mein Bett und auf’s Zähneputzen zu Hause. Ja, wirklich – Es wird meiner Zahnpflege zuträglich sein, wenn das Wasser aus der Leitung nicht mehr durchdringend nach faulen Eiern riecht und mir morgendliche und abendliche Brechreize verursacht. So hat doch jedes Land auf dieser Erde seine Vorteile. ;-)
Vielen Dank für’s Lesen. Wir noch mehr Bilder sehen möchte, folge mir gerne auf Instagram may_loves_october. Allen, für die demnächst der Arbeitsalltag wieder beginnt, wünsche ich einen guten Einstieg. Und die richtige Balance
zwischen Herausforderung und Entspannung, die wünsche ich uns allen.